Sonntag, 18. September 2011

Seit gleich!

Zwei Fakten:
1. Auf unserem kleinen Planeten fristen zur Zeit knapp 7 Milliarden Mensche ihr Dasein.
2. Das menschlichen Genom kodiert für ca. 20000 Gene.
Der Zusammenhang? Die Kombination dieser beiden Tatsachen führt anscheinend bei manchen Menschen (vornehmlich der westlichen Hemisphäre) zu dem Missverständnis, dass sehr viele Menschen auf der Welt identische Erbinformationen in sich tragen müssten und demzufolge gleich seien! Anders lässt sich der in zunehmend unbeschreiblicher Vielfalt auftretende Zwang zum Individualismus, welcher derzeit neue, teils unerklärliche Dimensionen erreicht, nicht erklären. Für diese geplagten Seelen eine kurze Aufklärung zu Beginn: Die Genomvielfalt ergibt sich aus der Kombination der oben angesprochenen 20000 Gene, somit ergeben sich viele verschiedene Möglichkeiten der Zusammenstellung. Lediglich ein kleiner Kreis Menschen muss fürchten, dass sich noch eine Kopie seines Erbgutes im Umlauf befindet, monozygote Gemini oder auch eineiige Zwillinge.

Aber zurück zum eigentlichen Thema. Tritt man heute auf die Straße, begegnet man Menschen mit überdimensionierten Brillen, unvorteilhafter Kleidung oder gewollter Verstümmelung des Körpers, sei es durch subkutane Farbinjektionen oder Einbringen von Löchern in Körpergegenden, die gern auf eben solche verzichtet hätten. All dies geschieht unter dem Deckmantel des sich von der Allgemeinheit-abheben-Wollens. Doch woher kommt dieser innere Zwang? Warum streben Menschen mit allen erdenklichen Mitteln gegen den so genannten Mainstream?

Früher bestand ein Argument in dem schieren Bestreben nach dem Ausbrechen aus bestehenden Konventionen. Jugendliche Subkulturen missbrauchten solche Erklärung oftmals zur Rechtfertigung ihres abenteuerlichen Lebensstils. Aber die heutigen Individualisten haben mit Punks genau soviel gemein, wie der katholische Weltjugendtag mit dem Christopher Street Day. Ihr alleiniges Bestreben zielt auf das Auffallen und soll sie vom Rest der Welt abheben. Allerdings wird dieses Verhalten momentan stark inflationär betrieben. Dies wiederum hat zur Folge, dass die Individualisten zur Mehrheit aufsteigen und demzufolge ihre eigenen Fundamente abreißen. Normal wird zur Seltenheit.

Der Trend als Feind des Individualismus!

Bleibt uns nur zu hoffen, dass dieser Konjunkturzyklus von Außergewöhnlich und StiNo eher ein Struktureller, denn ein Saisonaler sei, da andernfalls selbst eingefleischte Sonderlinge irgendwann den Überblick verlieren werden.

Mittwoch, 7. September 2011

Linguistisches Adrenalin

Ein kleines Organ direkt neben der Nieren gelegen (auch Nebenniere genannt) ist in der Lage eine Botenstoff auszusenden, welcher binnen Sekunden Herzfrequenz und Blutdruck signifikant steigert - das Adrenalin.

Ein ähnliches Ergebnis bewirkt die organische Kettenreaktion (in welcher wahrscheinlich auch irgendwo das Adrenalin auftaucht), die ausgelöst wird, wenn wir in einem Gespräch den Satz "Na frag mich mal!" gegen die Haarzellen unseres Innenohrs geschmettert bekommen. Die daraus entstehende Wut treibt das Blut gen Siedepunkt und steigert die Leistung des Herzens in Richtung Porsche GT-Motor.

Ein Erklärungsversuch:
Jeder kennt solch eine Situation: Man berichtet einem Freund, Verwandten, Bekannten oder sonstigen Mitmenschen über sein Leid, schwierige Lebenssituation oder gesundheitliches Problem in der Hoffnung Wertschätzung oder sogar einen sinnvollen Rat zu ergattern. Auf dem Höhepunkt leidlichen Klagens folgt ohne Vorankündigung die Peripetie - der Satz "Na frag mich mal!". Unser Gegenüber reißt uns aus unserer mitleidsuchenden Situation und dreht den Spieß einfach um. Ohne weitere Interesse bekundende Nachfrage berichtet der Diskutant über das ihn peitschende Leiden, unter welchem er unerträgliche Qualen zu erdulden hat. Da uns die Konzentration auf unser ureigenes Problem für kurze Zeit jegliche Umwelt vergessen ließ und wir uns für einen Moment der Verführung hingaben, die Welt drehe sich für wenige Augenblicke um uns, hat dies den gleichen Effekt, als feuere ein Artilleriegeschütz neben unserem Bett auf unser Mitteilungsbedürfnis und hole uns aus unserem süßen Traum unsanft in die Wirklichkeit.

Diese unerwartete Wendung lässt unseren innerlichen Vulkan ausbrechen, jedoch vermeidet meist die Fähigkeit der sozialen Interaktion eine Eskalation der Situation, sodass wir stillschweigend hinter einer lächelnden Maske die emotionalen Ausscheidungen des Gesprächspartners hinunterschlucken, wo sie sich letztlich mit unseren Eigenen vermischen und ein unguten Gefühl im Bauch verursachen.